Ich war nie der Typ für sterile Hotelbuffets oder austauschbare Touristenmenüs. Was mich begeistert, sind Orte mit Charakter – Küchen, die Geschichten erzählen, Menschen, die kochen wie ihre Großeltern, und Gasträume, in denen die Zeit stehengeblieben scheint. Bremerhaven, oft unterschätzt im Vergleich zu Hamburg oder Bremen, hat mich in dieser Hinsicht tief berührt. Diese Stadt lebt vom Wasser – und das schmeckt man.
Ich habe mir die Zeit genommen, fünf traditionelle deutsche Gasthäuser in Bremerhaven zu besuchen – keine hippen Szenelokale, sondern ehrliche Adressen, in denen man die norddeutsche Seele auf der Zunge spürt. Begleite mich auf dieser Reise zu Labskaus, Grünkohl, hausgemachten Rouladen und überraschend zartem Spanferkel – und vielleicht findest du am Ende deinen neuen Lieblingsort am Meer.
1. Restaurant „Natusch“ – Bremerhavens maritime Seele auf dem Teller
📍 Bürgermeister-Smidt-Straße 209, 27568 Bremerhaven
Es war ein grauer, stürmischer Nachmittag im späten Oktober, als ich mit hochgeklapptem Mantelkragen durch Bremerhavens Innenstadt ging. Der Wind trieb salzige Gischt über die Straßen, Möwen schrien vom Hafen herüber, und der Regen kam waagerecht. Ich war durchgefroren, hungrig und brauchte dringend einen Ort, der mich aufwärmt – körperlich wie seelisch. Genau in diesem Moment sah ich das große Messingschild mit der Aufschrift „Natusch – Fischspezialitäten seit 1951“.
Schon beim Eintreten war mir klar: Hier erwartet mich mehr als nur ein Mittagessen. Der Gastraum ist eine Hommage an die maritime Vergangenheit der Stadt – dunkles Mahagoniholz, poliertes Messing, Bullaugenfenster, Modellschiffe in allen Größen und alte Fotografien von Fischkuttern, Lotsenbooten und wettergegerbten Seeleuten. Es ist, als würde man in die Zeit zurückreisen, in eine Ära, in der die Hochsee-Fischerei das Rückgrat Bremerhavens war.
Ich wurde an einen kleinen Tisch am Fenster geführt, von dem aus ich auf das Hafenbecken blicken konnte. Der Kellner – ein älterer Herr mit Kapitänsbart und hanseatischer Gelassenheit – reichte mir die Speisekarte mit einem verschmitzten Lächeln: „Heute ist das Meer besonders frisch.“ Und damit hatte er recht.
Die Karte bietet eine große Auswahl an Fisch- und Meeresfrüchtespezialitäten, darunter Matjes, Aal grün, Muscheln, Nordseekrabben, Steinbutt oder Seezunge. Ich entschied mich für den „Bremerhavener Fischteller“ – ein Klassiker. Serviert wurde mir ein Teller, der wie ein kleines Kunstwerk aussah: drei perfekt gebratene Filets – Kabeljau, Scholle und Rotbarsch –, knusprige Bratkartoffeln mit Speck und Zwiebeln, dazu ein kleiner Salat und eine hausgemachte Remoulade, wie ich sie noch nie gegessen hatte.
Schon beim ersten Bissen war klar: Das ist kein Touristenmenü. Das ist Handwerk, Liebe zum Produkt und Tradition auf höchstem Niveau. Der Fisch war saftig, außen leicht kross, perfekt gewürzt und so frisch, dass ich kurz überlegte, ob ich die Fischerboote draußen gesehen hatte. Die Remoulade hatte eine feine Säure und Kräuterwürze, die perfekt mit dem Fisch harmonierte.
Während ich aß, kam der Kellner zurück und erzählte mir von seiner Zeit als Matrose auf einem Küstenfrachter – eine Geschichte voller Stürme, Heimweh und Fischsuppe bei Windstärke zehn. Ich hörte ihm fasziniert zu und hatte das Gefühl, dass hier jeder Gast ein Stück echter Seefahrtskultur miterleben darf.
📝 Reservierung & Tipp: Das „Natusch“ ist beliebt – sowohl bei Touristen als auch bei Einheimischen. Deshalb empfehle ich, spätestens einen Tag im Voraus zu reservieren – entweder telefonisch oder bequem über OpenTable. Wer mittags kommt, profitiert von der preiswerteren Tageskarte, ohne auf Qualität verzichten zu müssen. Die Mittagsgerichte starten oft schon ab 13 €.
💡 Spartipp: Besonders montags gibt es die sogenannten „Kapitänsangebote“ – tagesaktuelle Gerichte mit frischem Fang zu reduziertem Preis. Diese stehen nicht auf der regulären Karte, also ruhig beim Servicepersonal nachfragen. Und wer ein wenig Geduld mitbringt, kann auf einen Fensterplatz hoffen – für den perfekten Blick auf vorbeiziehende Schiffe und Möwen.
Für mich war das „Natusch“ mehr als ein Restaurant – es war ein Stück gelebte Geschichte. Ich verließ den Ort satt, beseelt und mit dem festen Vorsatz, zurückzukehren. Ein Muss für alle, die die norddeutsche Küche in ihrer ehrlichsten Form erleben wollen.

2. „Der kleine Käpt’n“ – Hausmannskost mit Herz
📍 Borriesstraße 62, 27570 Bremerhaven
In einer Seitenstraße des historischen Fischereihafens liegt „Der kleine Käpt’n“ – ein unscheinbares rotes Backsteinhaus, das man fast übersehen könnte, wenn man nicht wüsste, welche kulinarische Seele sich dahinter verbirgt. Vor der Tür steht eine einfache Holzbank, daneben ein rostiges Fischernetz als Dekoration – nichts wirkt hier gestellt oder künstlich. Es ist ehrlich. Und genau das, was ich liebe.
Als ich die Tür öffnete, schlug mir eine warme Wand aus vertrauten Gerüchen entgegen: Schmorzwiebeln, Bratensauce, Apfelkompott. Aus dem kleinen Gastraum schallte leises Lachen. Ich wurde sofort mit einem breiten Lächeln begrüßt, obwohl ich zum ersten Mal da war. Die Wirtin – eine resolute, herzliche Dame in blauer Schürze – führte mich an einen kleinen Tisch mit rot-weiß karierter Tischdecke. Es fühlte sich an, als wäre ich nach Hause gekommen.
Ich bestellte die Rinderroulade mit Rotkohl und Kartoffeln – für mich ein Gericht, das über die Qualität einer Küche mehr sagt als jedes Steak. Die Roulade war außen goldbraun gebraten, innen mit Speck, Gurke und Zwiebel gefüllt, unglaublich zart. Der Rotkohl schmeckte süßlich-würzig, die Sauce war kräftig und rund. Und die Kartoffeln? Kein Convenience – das waren echte, handgeschälte, dampfende Erdäpfel. Ich war für einen Moment sprachlos. Es war, als würde meine Großmutter in der Küche stehen.
📝 Tipp: Die Portionen sind großzügig. Wenn du mittags kommst, kannst du auf Wunsch auch eine „kleine Portion“ bestellen – preiswerter und absolut ausreichend.
Den hausgemachten Apfelstrudel mit Vanillesauce solltest du aber trotzdem nehmen – selbst wenn du satt bist. Das ist kein Dessert, das ist Trost in Teigform.
💡 Plattform-Empfehlung: Auf TheFork.de gibt es gelegentlich Gutscheine oder Rabattaktionen – auch spontane Reservierungen sind dort möglich. Schau auch bei Google Maps vorbei: Dort findest du tagesaktuelle Bilder der Wochenkarte, die oft handschriftlich fotografiert hochgeladen wird – sympathisch und nützlich zugleich.
3. Restaurant „Zur Schleuse“ – Ein Gasthaus wie aus dem Bilderbuch
📍 Am Luneort 10, 27572 Bremerhaven
Dieses Gasthaus liegt versteckt – du musst erst einen Deich überqueren, durch eine kleine Baumallee laufen und plötzlich stehst du vor einem urigen Backsteinhaus, das wie aus einem Heimatfilm wirkt. Ich war sofort verzaubert.
Innen knistert ein Kamin, die Decke ist niedrig, die Fenster mit Gardinen verziert. Ich fühlte mich wie zu Besuch bei entfernten Verwandten. Die Spezialität hier: Spanferkel mit Biersauce. Ich zögerte nicht lange. Und was soll ich sagen? Es war zart, saftig, mit einer Kruste, die beim Reinbeißen knackte. Dazu Sauerkraut, das nicht zu sauer war, sondern fast süßlich. Ein Traum.
📝 Tipp: Wer mit dem Wohnmobil unterwegs ist – hier gibt’s einen Stellplatz direkt am Gasthaus. Der perfekte Ort für eine Pause mit Genuss.
💡 Buchungsplattformen: LandReise.de bietet schöne ländliche Gasthäuser in der Region. Für spontane Gäste empfiehlt sich auch Booking.com mit dem Filter „ländlich & traditionell“.
4. Gasthaus „Rodenberger Hof“ – Tradition trifft Feinsinn
📍 Georgstraße 29, 27570 Bremerhaven
Ich hatte vom Rodenberger Hof durch einen Kochfreund gehört, der meinte: „Dort kochen sie wie früher – aber mit dem Know-how von heute.“ Er hatte recht. Schon beim Betreten fiel mir auf: Hier treffen sich Geschäftsleute, ältere Ehepaare, junge Familien – ein bunter Mix, der für Qualität spricht.
Ich bestellte den Duroc-Schweinebraten mit Thymianjus, dazu karamellisierten Rosenkohl und Sellerie-Kartoffel-Püree. Das war kein Zufallstreffer – das war große Handwerkskunst. Fein gewürzt, mit Texturen, die aufeinander abgestimmt waren. Und das alles in einem bodenständigen Ambiente.
📝 Reservierung: Resmio.de oder telefonisch. Freitag- und Samstagabend ist es oft rappelvoll – verständlich bei dieser Qualität.
💡 Tipp: Frage nach saisonalen Empfehlungen. Im Frühling Spargel, im Herbst Wild, im Winter deftige Eintöpfe. Die Karte wechselt regelmäßig.
5. Alt-Bremerhaven Gasthaus „Wasserkante“ – Wo Geschichte auf Geschmack trifft
📍 Schifferstraße 28, 27568 Bremerhaven
Die „Wasserkante“ ist mehr als ein Gasthaus – sie ist ein kultureller Treffpunkt. Das Publikum ist gemischt: Rentner, die nach dem Markt einkehren, Musiker, Handwerker, vereinzelt auch Touristen. An den Wänden hängen alte Seekarten und Fischernetze. Es riecht nach frisch gebratenem Speck und Bohnenkaffee.
Ich bestellte Grünkohl mit Pinkel – ein Gericht, das ich liebe, aber selten wirklich gut bekomme. Hier war es perfekt: der Kohl weich, aber nicht verkocht; die Wurst deftig, aber fein gewürzt. Dazu Senf, Brot und ein kleines Glas Korn – „zum Anstoßen auf den Norden“, wie der Kellner lächelnd sagte.
📝 Tipp: Wer Musik liebt, kommt am besten donnerstags – da gibt’s Shanty-Chöre oder Akkordeonabende. Kein Eintritt, nur Freude.
💡 Reservierung: Quandoo.de oder direkt anrufen. Viele Plätze sind Stammgästen vorbehalten – also frühzeitig planen.

Praktische Empfehlungen für deine kulinarische Reiseplanung
Während meiner Reise habe ich verschiedene Plattformen genutzt, um möglichst entspannt und effizient durch Bremerhaven zu kommen. Hier meine Favoriten:
- TheFork.de: Für Restaurantreservierungen – oft mit Rabatten oder Gratisgerichten bei Anmeldung.
- Booking.com: Gute Filterfunktion für charmante Unterkünfte in Hafennähe oder in kleinen Dörfern rund um Bremerhaven.
- SecretEscapes.de: Luxuriöse Angebote mit Halbpension oder Genuss-Extras – besonders in der Nebensaison.
- Omio.com & Bahn.de: Für die Anreise per Bahn – Bremerhaven ist von Bremen aus in nur einer Stunde erreichbar.
- GetYourGuide.de: Für Kombi-Angebote wie Hafenrundfahrt + Restaurantgutschein oder Stadtführung mit anschließendem Essen.
Was ich aus Bremerhaven mitgenommen habe
Ich kam wegen des Essens – geblieben bin ich wegen der Menschen. Jeder dieser Orte hat mir nicht nur kulinarische Freude bereitet, sondern auch Geschichten geschenkt. Über das Meer, über das Leben, über das Kochen. Bremerhaven hat mich überrascht. Nicht laut, nicht protzig – sondern echt, warm und voller Geschmack.
Wenn du das nächste Mal an der Nordseeküste bist, plane mindestens zwei Tage hier ein. Lass dich treiben, iss langsam, sprich mit den Leuten. Und vor allem: Hab keine Angst, einfach mal spontan irgendwo einzukehren – manchmal findet man gerade dort die besten Erinnerungen.
In diesem Sinne: Guten Appetit – und bis bald in Bremerhaven.