Wenn ich an Berlin denke, denke ich oft nicht zuerst an Sonnenuntergänge. Die Stadt wirkt auf den ersten Blick zu laut, zu urban, zu schnell – nicht wie der klassische Ort für goldene Stunden und ruhige Panoramablicke. Und doch habe ich im Laufe der Jahre gelernt: Gerade hier sind die Sonnenuntergänge besonders.
Warum? Weil sie wie kurze Atempausen wirken – Momente, in denen die Stadt für einen Augenblick innehält. Wenn das Licht sich durch Altbaufassaden bricht, die Spree zu glitzern beginnt und der Fernsehturm seinen Schatten auf die Dächer wirft, dann entsteht etwas, das ich immer wieder aufs Neue einfangen möchte – mit der Kamera, aber auch mit dem Herzen.
In diesem Artikel nehme ich dich mit zu meinen persönlich liebsten Orten für den Sonnenuntergang in Berlin. Einige sind bekannt, andere überraschend ruhig. Aber alle haben eines gemeinsam: Sie lassen dich den Moment spüren.
🌇 1. Teufelsberg – Sonnenuntergang mit Lost-Place-Flair
📍 Adresse: Teufelsseechaussee 10, 14193 Berlin
Bezirk: Charlottenburg-Wilmersdorf
Als ich das erste Mal auf dem Teufelsberg stand, fühlte ich mich wie in einer anderen Welt. Der Weg hinauf ist etwas beschwerlich – entweder zu Fuß oder mit dem Rad über Waldwege und Trampelpfade. Doch oben erwartet dich eine Szenerie, die ich so nur aus Kalifornien kannte: ein verlassener Spionageposten, Street Art überall, und ein 360-Grad-Blick über Berlin.
Gerade zur „goldenen Stunde“ ist der Ort magisch. Die untergehende Sonne trifft auf die Kuppeln der alten Radarstation und taucht alles in rostrote Töne. Für Fotografie ein Paradies: Weitwinkelaufnahmen mit Stadtpanorama, Detailaufnahmen der Graffiti, Gegenlichtspiele mit Silhouetten. Ich habe dort mein bisher liebstes Porträt gemacht – vor einem verblassten Mural mit Sonnenlicht im Haar.
🎟 Eintritt:
Für den Zugang zum Gelände wird ein Eintritt von ca. 8 € verlangt. Tickets bekommt man vor Ort oder online über teufelsberg-berlin.de – gerade am Wochenende lohnt sich die Vorabbuchung.
📷 Fototipp:
Nimm ein leichtes Stativ mit, ein ND-Filter ist hilfreich für Langzeitbelichtungen beim Sonnenuntergang. Für Portraits empfehle ich die kleine Plattform direkt auf der Kuppel – das Licht ist dort perfekt zwischen 19:30 und 20:00 Uhr (Sommer).

🏞 2. Tempelhofer Feld – Weite, Wind und ganz viel Himmel
📍 Adresse: Zugang z. B. über Tempelhofer Damm 104, 12099 Berlin
Bezirk: Neukölln / Tempelhof-Schöneberg
Kaum ein Ort in Berlin gibt mir so ein tiefes Gefühl von Freiheit wie das Tempelhofer Feld. Es ist kein klassischer Park mit hübschen Beeten oder perfekt geschnittenen Wegen – es ist viel mehr: ein offenes, fast unendliches Terrain, das früher als Flughafen diente und heute als öffentliche Freifläche für alle zugänglich ist.
Wenn ich kurz vor Sonnenuntergang dorthin gehe, bringe ich meistens meine Kamera, eine Decke und eine Thermoskanne Tee mit. Ich liebe es, einfach mitten auf der alten Start- und Landebahn zu sitzen, den Blick nach Westen zu richten und zu beobachten, wie sich der Himmel Minuten für Minute verändert. Erst glimmt ein Hauch von Gold durch die Wolken, dann folgt ein tiefes Orange, bis schließlich ein fast surreal wirkendes Rosa-Violett über die riesige Fläche wandert.
Das Licht spiegelt sich auf dem alten Beton, der sich durch die Wärme des Tages leicht aufgeladen hat. Manchmal sieht man Skateboarder, manchmal Kitesurfer mit riesigen Lenkdrachen – und zwischendurch Familien, Musiker, Menschen mit Hängematten. Es ist Berlin in Reinform.
📷 Fototipp:
Ein Weitwinkelobjektiv (z. B. 24 mm) ist hier ideal, um die gigantische Fläche einzufangen. Besonders spannend: Die Reflexionen im Asphalt kurz nach Sonnenuntergang – perfekt für kreative Portraits mit Gegenlicht.
🍴 Bonus-Tipp:
In der Nähe des Eingangs Tempelhofer Damm liegt das Café Botanico, ein verstecktes Juwel mit eigenem Garten. Frisch, bio, saisonal – einfach perfekt für ein frühes Abendessen. Am besten über OpenTable.de vorab reservieren – es ist klein, aber beliebt.
🏰 3. Oberbaumbrücke – Architektur trifft Alpenglühen
📍 Adresse: Oberbaumstraße 1, 10243 Berlin
Bezirk: Friedrichshain / Kreuzberg
Die Oberbaumbrücke ist für mich ein Ort der Kontraste. Tagsüber oft hektisch, voller Radfahrer, Straßenmusiker, Touristen – aber abends, kurz vor Sonnenuntergang, verändert sie sich. Dann spiegelt sich das Licht der Sonne in der Spree, die roten Backsteinbögen werfen lange Schatten, und alles wirkt plötzlich ruhig, fast wie eingefroren.
Ich liebe es, mich auf das kleine Podest an der Brückenmitte zu stellen, die Kamera auf das Wasser zu richten, und zu beobachten, wie Boote im Gegenlicht vorbeiziehen. Der Blick Richtung Westen (Richtung Treptower Park) ist spektakulär. Oft bleibe ich dort einfach stehen – und vergesse die Zeit.
🎟 Eintritt:
Keiner. Die Brücke ist öffentlich zugänglich – und einer der schönsten kostenlosen Aussichtspunkte Berlins.
📷 Fototipp:
Wer Langzeitaufnahmen von der Brücke mit Spiegelung machen will, sollte eine Kamera mit Fernsteuerung oder Zeitauslöser nutzen. Die Lichtstimmung ist zwischen 20:00 und 20:30 Uhr am besten.
📲 Tipp zur Restaurantbuchung:
Nach dem Fotografieren gehe ich oft ins „Freischwimmer“ – direkt am Spreeufer. Liegt versteckt, hat aber tollen Blick. Reservierung über TheFork.de empfehlenswert.
🗼 4. Klunkerkranich – Sonnenuntergang auf dem Dach der Stadt
📍 Adresse: Karl-Marx-Straße 66, 12043 Berlin (auf dem Dach der Neukölln Arkaden)
Bezirk: Neukölln
Ein urbaner Dachgarten, ein bisschen wild, ein bisschen alternativ – das ist der Klunkerkranich. Ich habe selten einen Ort erlebt, der so sehr nach Berlin riecht: Bier, Basilikum, Straßenmusik. Die Mischung aus Bar, Gemeinschaftsgarten und Aussichtsplattform zieht ein buntes Publikum an – von jungen Familien bis zu internationalen Künstlern.
Der Sonnenuntergang von hier oben ist schlicht atemberaubend. Man blickt über ganz Berlin, vom Fernsehturm bis zum Tempelhofer Feld. Und wenn die Sonne untergeht, färbt sich die Stadt in leuchtendes Orange.
🎟 Eintritt:
Tagsüber frei, ab ca. 16 Uhr wird oft ein Eintritt von 5 € erhoben (abhängig vom Programm). Infos unter klunkerkranich.org
📷 Fototipp:
Das Dach ist voller interessanter Strukturen: Holzgeländer, Blumenbeete, Lampions. Nutze sie als Vordergrund für deine Bilder. Wer mit Smartphone fotografiert, sollte unbedingt den HDR-Modus einschalten.
🍻 Mein Geheimtipp:
Kombiniere das Ganze mit einem Aperol oder Berliner Weiße an der Bar – manchmal gibt es Happy Hour zwischen 17:00 und 18:00 Uhr. Bezahlung am besten kontaktlos, da Kartenzahlung bevorzugt wird.
🛶 5. Insel der Jugend – Sonnenuntergang mit Wasserrauschen
📍 Adresse: Alt-Treptow 6, 12435 Berlin
Bezirk: Treptow-Köpenick
Es gibt Orte in Berlin, die wirken wie versteckte Oasen – und die Insel der Jugend ist für mich genau so einer. Über eine kleine Fußgängerbrücke gelangt man auf die Insel, die mitten in der Spree liegt und ringsum von Wasser umgeben ist. Hier sitze ich oft am Ufer, allein mit Kamera, Skizzenbuch oder einfach nur meinen Gedanken.
Besonders zum Sonnenuntergang wird die Insel magisch. Die Reflexionen auf dem Wasser, das sanfte Licht, das durch die Bäume fällt – es fühlt sich an wie eine Szene aus einem französischen Film.
🎟 Eintritt:
Die Insel ist frei zugänglich, keine Tickets nötig. Veranstaltungen (Open Air, Konzerte) kosten ggf. extra – Infos über Eventim.de oder Berghain-Club.de, wenn DJs auf der Insel spielen.
📷 Fototipp:
Die besten Bilder entstehen auf der kleinen Steinmauer am Westufer – Blickrichtung Plänterwald. Ich nutze gerne ein 50mm-Objektiv für weiche Lichtstimmungen.
🧭 Praktische Tipps rund um Sonnenuntergänge in Berlin
So schön die goldene Stunde auch ist – ohne ein wenig Vorbereitung kann sie schnell zur Fruststunde werden. Ich habe über die Jahre einige persönliche Learnings gesammelt, die ich hier gern mit dir teile:
⏰ Wann ist die beste Zeit?
Die klassische „goldene Stunde“ beginnt etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang – im Sommer also ab ca. 20 Uhr, im Winter schon gegen 15:30. Wer das perfekte Licht erwischen will, sollte mindestens 30 Minuten vor Sonnenuntergang am Ort sein.
Tipp: Nutze Apps wie Photopills, Sun Surveyor oder einfach Google Weather, um Sonnenstand und Lichtwinkel zu checken. Das spart dir viele vergebene Fotomomente.
🧳 Was sollte man dabeihaben?
- Kamera mit Wechselobjektiv (24mm bis 85mm ist optimal)
- Leichtes Stativ oder Mini-Tripod
- ND-Filter für Langzeitaufnahmen
- Powerbank fürs Handy (besonders bei Langzeitbelichtung oder Drohnen-Nutzung)
- Eine leichte Decke oder ein Faltstuhl (für längere Sessions am Wasser)

🌐 Empfohlene Plattformen für Berlin-Reisen & Planung
Während meiner Reisen und Reportagen quer durch Europa habe ich einige Plattformen schätzen gelernt, die auch für Sonnenuntergangsjäger in Berlin Gold wert sind:
🛏️ Unterkunft & Flüge:
- Booking.com – für Hotels, Hostels, Design-Apartments
- Skyscanner.de – Flugsuche mit gutem Filter für Abendankünfte
- Airbnb.de – oft kleine Unterkünfte mit Dachzugang
🍽️ Restaurant-Reservierung & Food-Tipps:
- TheFork.de – oft mit exklusiven Rabatten (bis zu -30%)
- OpenTable.de – zuverlässig, viele stylische Spots
- Michelin Guide App – für Design- & Fine-Dining-Spots mit Bewertung
🎟️ Tickets & Aktivitäten in Berlin:
- GetYourGuide.de – Stadtführungen, Museumstickets, Dachterrassenzugang
- Tiqets.com – oft kombinierte Eintritte für Fernsehturm, Reederei-Fahrten etc.
- Eventim.de – für Konzerte, Festivals, Open-Airs zur blauen Stunde
🌅 Warum mich Sonnenuntergänge in Berlin nie loslassen
Ich habe auf drei Kontinenten gelebt, in New York fotografiert, in Madrid geschrieben und in Marseille geliebt. Doch kein Ort berührt mich beim Sonnenuntergang so wie Berlin. Vielleicht, weil diese Stadt Widersprüche in sich trägt. Sie ist laut, unruhig, oft zerbrechlich – aber genau deshalb sind ihre ruhigen Momente so kostbar.
Ich erinnere mich an einen Abend auf dem Tempelhofer Feld. Der Himmel war glutrot, eine Gruppe junger Menschen spielte Gitarre, ein Kind ließ einen Drachen steigen, und in der Ferne zog eine Lufthansa-Maschine leise vorbei. Ich hielt den Atem an, machte kein Foto – und war einfach nur da.
Oder an den Moment auf der Oberbaumbrücke, als ein Mann seiner Freundin im letzten Licht einen Antrag machte. Ich stand ein paar Meter entfernt, hatte die Kamera auf dem Stativ – und fror den Moment ein. Nicht wegen des Bildes. Sondern wegen der Geschichte.
Berlin mag keine klassische „romantische Stadt“ sein. Aber sie ist ehrlich, überraschend und oft tief berührend – genau wie ihre Sonnenuntergänge.
Wenn du das nächste Mal durch Berlin streifst, schau nicht nur auf deine Uhr. Schau in den Himmel. Vielleicht beginnt gerade die letzte Stunde – und du bist mittendrin.